1. WER SIND WIR?

Der Internationale Jugendverein möchte für all die jungen Menschen eine Perspektive schaffen, die in einer Welt ohne gesellschaftliche, politische und ökonomische Unterdrückung und Ausbeutung leben wollen.

Wir sehen eine Arbeitswelt, die unsere Zukunft nicht sichert. Wir sehen eine Stadt, die für uns keinen Platz mehr hat. Wir sehen eine wachsende Bedrohung durch rechte Kräfte, die vor keinem von uns Halt macht, sei es aufgrund von Herkunft, Sexualität, Geschlecht oder politischer Gesinnung. Wir sehen eine Gesellschaft, die auf der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unterdrückung der Frau basiert. Wir sehen, dass die Erde, auf der wir leben, durch die profitgesteuerte Wirtschaft an ihre Grenzen kommt. Wir sehen überall auf der Welt Kriege um Absatzmärkte und politischen Einfluss.

All diese Widersprüche sind kein Zufall, denn wir leben in einer Klassengesellschaft, in der Banken und Konzerne für Ausbeutung und Spaltung der breiten Massen verantwortlich sind. Deshalb können unsere Probleme nicht durch einige Korrekturen aus der Welt geschaffen werden. Das steht aber keineswegs in Widerspruch dazu, dass wir für konkrete Verbesserungen kämpfen. Seit einigen Jahren beobachten wir ein Anwachsen der Jugendbewegung. Wir nehmen nicht nur an Aktionen und Protesten teil, sondern initiieren sie auch. Bei uns Jugendlichen werden auch Tendenzen erkennbar, die vom Kampf gegen einzelne Missstände übergehen zu einer Gesamtkritik der Klassengesellschaft. Dieser Prozess stärkt auch die Eigendynamik und die Bereitschaft sich zu organisieren.

Auch wenn die herrschende Politik mit allen Mitteln die Entpolitisierung, Isolierung und Spaltung vorantreibt, erkennt ein beachtlicher Teil der Jugend, dass eine bessere Zukunft nur im gemeinsamen Kampf zu erreichen ist. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Solidarität und das Bewusstsein für einen gemeinsamen Kampf wachzuhalten. Wir wissen, dass das politische Handeln ein organisiertes und kollektives Handeln ist.

Wir sind solidarisch mit all denen, die in dieser Gesellschaft von unten kämpfen müssen. Wir möchten durch solch ein solidarisches Miteinander eine Idee davon erarbeiten, wie ein Leben frei von Ausbeutung und Spaltung aussehen könnte.

2. BILDUNG UND ARBEIT

In Schule, Studium und Ausbildung werden wir Jugendliche in erster Linie auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Die starren Inhalte lassen keinen Raum für Entfaltung und eigene Interessen. Die Unterfinanzierung führt zu ungleichen Bedingungen und viele von uns fallen durch das Raster. Ausbildungsorte dürfen keine Lernfabrik sein, aus der wir als Produkte für den Arbeitsmarkt ausgespuckt werden – wir brauchen ein Bildungssystem, indem wir im Mittelpunkt stehen und nicht unsere potentielle Arbeitskraft.

Die Hochschulen sind, statt ein Ort der Bildung und Forschung zu sein, zu einem Ort voller Leistungsdruck, Konkurrenzkampf und Angst um berufliche Perspektive geworden. Neben all diesen Problemen können viele Studierende ihren Lebensunterhalt nur schwer aufbringen.

In der Berufsausbildung sieht es nicht besser aus: die Vergütung reicht nur in wenigen Fällen aus, um wirklich davon leben zu können und kommt nicht ansatzweise an den Mindestlohn heran. Auszubildende werden häufig wie billige Arbeitskräfte behandelt, die übermäßig lange und hart arbeiten müssen. Doch selbst mit abgeschlossener Ausbildung herrscht keine Übernahmegarantie und viele Auszubildende müssen sich Sorgen um ihre Zukunft machen.

Ob in der Ausbildung oder nicht – Jugendliche arbeiten oft im Niedriglohnsektor, in dem wir verschärft von Ausbeutung betroffen sind. In der Krise sind wir diejenigen, die als erstes entlassen werden – und den Rest der Zeit sind wir diejenigen, die den Betrieb mit unbezahlten Praktika bereichern.

All diese Probleme lasten auf dem Rücken der jungen Menschen, die diese Gesellschaft mittragen und in Zukunft tragen werden.

3. STADT UND KULTUR

Durch steigende Mietpreise wird es für uns junge Menschen immer schwieriger, in der Stadt zu leben. Wohnraum ist zu einem Markt geworden, der nicht auf bedürfnisorientierte Nutzung, sondern Profit ausgelegt ist. Uns trifft dies besonders hart, da wir oft kein hohes oder geregeltes Einkommen haben und deshalb stark von dem Anstieg der Mieten betroffen sind. Uns werden hierdurch ein eigenständiges Leben und die Möglichkeit, die gewünschte Ausbildung wahrzunehmen, oft verwehrt. Wir brauchen mehr und günstigeren Wohnraum.

Das Wachsen der Städte schafft ebenfalls eine Notwendigkeit für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, der Menschen verlässlich zum Ziel bringt – und zwar kostenlos!

4. ANTIFASCHISMUS

Rassismus ist ein strukturelles Problem in unserer Gesellschaft – es äußert sich z.B. in Form von Alltagsrassismus, rassistischer Polizeigewalt und rechtem Terror. Der Nationalsozialismus hat uns gezeigt, was passiert, wenn der Faschismus siegt. Wir haben gesehen, dass Krieg und Faschismus niemals im Interesse der Menschen sein können. Gleichzeitig hat eine tatsächliche Entnazifizierung in Deutschland nie stattgefunden, weder personell noch strukturell.

Rechtes Gedankengut manipuliert, indem es Menschen durch Angstmache und Hetze spaltet. Unternehmer:innen nutzen dies, um zum Beispiel Kämpfe für bessere Arbeitsbedingungen zu zerschlagen. Die Regierung nutzt dies, um eine menschenfeindliche Geflüchtetenpolitik durchzusetzen und das Gefühl einer nationalen Einheit zu schaffen. Medien nutzen dies, um Profit aus Sensationsschlagzeilen zu schlagen und reproduzieren diese Stereotype. Rechte Parteien und Organisationen nutzen Feindbilder, um Unterstützer:innen für ihre reaktionäre Politik zu gewinnen. Diejenigen, die von unserer Spaltung profitieren, werden diese befeuern – und das dürfen wir nicht zulassen.

Das durch einen starken Rechtsruck bestimmte politische Klima trägt dazu bei, dass es vermehrt zu rassistischen Anschlägen und Morden kommt. Deutschlandweit bestehen gewaltbereite, organisierte Strukturen. Im Falle des NSU haben wir gesehen, dass der Verfassungsschutz diese Organisationen finanziert und schützt – deshalb fordern wir die Auflösung des Verfassungsschutzes!

Doch nicht allein die faschistischen Organisationen verbreiten Spaltung – auch die soziale Realität von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland muss sich verändern. Das strukturelle Problem der Armut und Ausgrenzung muss behoben werden, indem Migrant:innen und Menschen mit Migrationshintergrund aus ihrer sich immer wieder selbst reproduzierenden sozialen und ökonomischen Realität befreit werden. Der Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung kann nur gemeinsam geführt werden! Solidarität bleibt unsere stärkste Waffe! Lasst uns zusammenstehen gegen Ausbeutung und Faschismus!

5. BEFREIUNG DER GESCHLECHTER

Wir sehen deutlich, dass Frauen in unserer Gesellschaft immer noch mit spezifischen Problemen zu kämpfen haben und noch mehr unter dem ausbeutenden System leiden als Männer. Die zunehmende Teilnahme der Frauen am Arbeitsleben hat sie nicht vor der übermäßigen und oft unbemerkten Arbeit im Haushalt geschont. Doch auch die Lohnarbeit der Frau wird geringer bezahlt und findet häufiger unter schlechteren Bedingungen statt. Wir brauchen Strukturen, die Frauen von dieser Belastung befreien – die die Erziehung der Kinder sowie den Haushalt zur gesellschaftlichen Aufgabe machen und jeder Frau ermöglichen, selbstständig und gleichberechtigt zu leben. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

Viel zu lange bestehende Machtstrukturen und das daraus resultierende Bewusstsein stehen in direktem Verhältnis zu sexistischen und auch gewalttätigen Handlungen gegenüber Frauen. Femizide, also spezifische Morde an Frauen, bringen diese Verhältnisse auf die brutalste Art und Weise zum Ausdruck. Besonders Personen, die nicht in das altbekannte Geschlechterbild passen, sind häufig Opfer von sexualisierter Gewalt. In Medien und Werbung wird die Degradierung und Entmenschlichung der Frau deutlich. Die dort reproduzierten sexistischen Bilder gehen in das gesellschaftliche Bewusstsein ein. Dagegen müssen wir ankämpfen!

Doch es reicht nicht aus, nur gegen die Bilder in den Köpfen der Menschen zu kämpfen – solange Frauen in dieser Gesellschaft materiell unterdrückt werden, wird auch der Sexismus in den Köpfen der Menschen nicht verschwinden. Die Befreiung der Frau ist nur im Kampf gegen ausbeutende Strukturen und als Teil des sozialen Kampfes möglich!

Das traditionelle und unterdrückende Familienbild bestärkt die Geschlechterrolle der Frau, es schließt aber auch jegliche queere Sexualität und Geschlechtsidentität aus. Hieraus entspringt eine gesellschaftliche sowie politische Ausgrenzung von queeren Menschen – wir müssen uns geschlossen gegen jegliche Unterdrückung aufgrund von Geschlechtsidentität oder biologischem Geschlecht, sowie sexueller Orientierung stellen!

6. UMWELT

Wir erkennen den fortwährenden Zerfall unserer Umwelt, der sich durch das Schrumpfen von Lebensräumen, extremeres Klima und unfruchtbare Böden äußert. Zukunftsgerichtet kann uns ein weiterer Umgang dieser Art mit der Umwelt keine Perspektive geben.

Doch eine reine Konsumkritik, die nur die Verbraucher:innen zur Verantwortung zieht, wird uns nicht weiterbringen. Innerhalb einer profit- und expansionsgesteuerten Logik ist es die Regel, kurzfristig zu denken und ökologische Gesetzmäßigkeiten außer Acht zu lassen. Rohstoffquellen werden überlastet und Ökosysteme zerstört – immer im Konflikt mit den Interessen der Bevölkerung. Profitinteressen müssen hintenangestellt und die Bedürfnisse der Menschen sowie Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen. Die fossile Energiewirtschaft und landwirtschaftliche Großbetriebe müssen zur Verantwortung gezogen werden.

So wie die Umwelt als Ganzes nur Mittel zum Zweck für ein profitorientiertes System ist, sind auch Tiere nicht mehr als das. Tierrechte werden von Unternehmen in der Forschung oder der Lebensmittelproduktion mit Füßen getreten. Wir fordern die Anerkennung des Tieres als leidfähiges Lebewesen und daraus resultierend, Tiere allgemein aus ihrer Rolle als Rohstoff zu befreien.

Ein profitorientiertes Wirtschaftssystem basiert zwangsläufig auf Ausbeutung. Menschen, Tiere und Umwelt sind in so einem System lediglich Mittel zum Zweck und deren Wohl kein Wert an sich. Wir brauchen eine ökologisch verantwortungsvolle Wirtschaft, die die Zerstörung der Umwelt aufhält und nachhaltigen Konsum für die breite Masse möglich macht.

7. FRIEDEN

Kriege und militärische Konflikte stehen niemals im Interesse der Völker und werden nur für wirtschaftliche, politische und geostrategische Interessen geführt. Dazu gehören die Gewinnung neuer Absatz- und Investitionsmärkte, sowie die Sicherung von Ressourcen. So wie die deutsche Regierung, die mit der Entsendung der Bundeswehr in viele Teile der Welt versucht, ihre Interessen international durchzusetzen. Das alles, obwohl sich zwei Drittel der Menschen in Deutschland in Umfragen gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und gegen den Export von Rüstungsgütern geäußert haben.

Ebenso verhält es sich mit der Aufrüstung. Während das Budget der Bundeswehr steigt, fehlt es am Nötigsten, zum Beispiel im Gesundheits- und Bildungssystem. Zugleich werden deutsche Waffen in die ganze Welt exportiert und richten überall Tod und Zerstörung an. Im Allgemeinen steigen auch international die Militärausgaben, was die Gefahr eines Krieges immer konkreter macht.

Mit offensiver Werbung der Bundeswehr wird die Arbeits- und Perspektivlosigkeit in der Jugend genutzt, um neue Soldat:innen zu rekrutieren. Dafür tritt die Bundeswehr im öffentlichen Raum auf. In ihrer Propaganda stellt sich die Bundeswehr als Beschützerin der Nation und attraktive Perspektive dar.

In den Medien wird ständige Kriegspropaganda betrieben. Damit wird versucht, die Feindschaft zwischen den Völkern zu schüren und sie gegeneinander aufzuhetzen. Wir wissen aber: die Linie verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten! Internationale Solidarität ist unsere Waffe gegen Krieg und Militarisierung – denn diese sind nie in unserem Interesse. Gegen Waffenexporte, Aufrüstung und deutsche Kriegsbeteiligung – für die Einheit aller ausgebeuteten Völker dieser Erde, die jede nationale Grenze überwindet.

8. UNSERE ARBEIT

Wir wollen eine Anlaufstelle für alle Jugendlichen sein, die mit uns für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen kämpfen wollen – unabhängig von Geschlechtsidentität oder Sexualität, Hintergrund oder Herkunft. Alle sind willkommen, sich uns in unserer Arbeit für einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt und gegen Krieg, Faschismus und Rassismus, anzuschließen. Anstatt zu versuchen, den Problemen allein standzuhalten, möchten wir uns gegenseitig den Rücken stärken. Wir möchten uns organisieren, um gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft einzustehen.

In der aktuellen Medienlandschaft halten wir soziale Medien für ein wichtiges Werkzeug, um besonders die Jugend zu erreichen. Ein noch wichtigerer Bestandteil unserer Arbeit, der den Austausch untereinander sowie die Vermittlung unserer Positionen nach außen ermöglicht, ist unsere zweimonatlich erscheinende Zeitschrift, die Lautschrift. Wir bilden uns weiter, indem wir Artikel schreiben und diskutieren. In der Lautschrift finden sich unsere Positionen und Standpunkte ausformuliert und verständlich erklärt – denn unabhängiger Journalismus aus der Perspektive der Jugend ist wichtig und nötig!

Wir streben Arbeit im Stadtteil, in den Schulen, Betrieben und Berufsschulen sowie in den Universitäten an – um dort aktiv zu sein, wo sich unser tägliches Leben abspielt!

Für uns ist das Verstehen der gesellschaftlichen Umstände, die uns unterdrücken, grundlegend, um effektiv gegen sie anzukämpfen. Darum ist Bildungsarbeit ein wichtiger Bestandteil unserer Tätigkeit – denn Aufklärung ist das wichtigste Werkzeug zur Befreiung!

Durch Austausch und Diskussion zu gemeinsamen Positionen zu kommen, ist das Fundament unserer Arbeit. Wir arbeiten zusammen, weil wir unsere Probleme nur zusammen bekämpfen können. Bei uns gibt es keine Fraktionen – wir kämpfen alle für dasselbe Ziel. Um für unsere Forderungen einzustehen, beteiligen wir uns an und organisieren selbst soziale Kämpfe, Proteste und Aktionen. Wir organisieren Demonstrationen, Kundgebungen, Aktionen, Bildungsabende sowie kulturelle Veranstaltungen.

Unsere Arbeit findet in einem organisierten Rahmen statt. Die verschiedenen Aufgaben werden auf Arbeitsgruppen verteilt und von einem gewählten Vorstand koordiniert. Ein Zusammentragen der Erfahrungen und Perspektiven ist Inhalt regelmäßig stattfindender Mitgliederversammlungen.

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